Samstag, 6. Januar 2007
Ein Bruder
´seuftz
Es war Frühling. Sie trafen sich an einem Banhof , um in den Süden zu fahren.
Sie wussten , dass sie sich lieben würden.
Obwohl es unmöglich war.
Obgleich es verboten war.
Er sollte ein Bruder für sie sein.
Sollte ihr das Land zeigen. Die Sprache erklären.
Stattdessen sahen sie sich an und fühlten ihre Lust und eine wilde Spannung.
Und lachten. – Und warennervös. – Und lachten grundlos.
Über ernste Sachen. – Über tragische auch.
Lachten , weil sie nicht wussten , wie mit diesem Gefühl umgehen, lachten , da das Gefühl groß war und die Furcht davor auch.

Als sie in der großen Stadt ankamen , die am Meer liegt , lief sie in ihrer Kleidung in die See.
Da sie endlos ist.
Und verschwiegen.
Und weil sie ihr Gefühl abkühlen wollte.
Und dem Land entfliehen , auf dem er stand und ihr nachsah. – Viele Stunden verbrachten sie in der Stadt. Si in ihrer nassen Kleidung und den Schuhen , die vom Salzwasser schwer waren.

Sie trafen seine Mutter. Die ihren Vater liebte. Die der Tochter dieses mannes etwas Gutes tun wollte. Und sie einlud mit ihrem Sohn und ihr in den Süden zu fahren.
In ihr Haus weit weg von der großen Stadt.
Zusammen mit ihrem Sohn , der wie ein Bruder sein sollte.
Wie ein Bruder. –

Mit dem Bus fuhren sie hinaus aus der Stadt. Weit hinein in das land.
Sie in ihren nassen und kalten Kleidern , die an dem Sitz klebten und ihre Haut wund rieben.
Er saß hinter ihr. Sie redeten wenig. – Schienen beide sehr weit in gedanken und dachten doch einander.
So verbrachten sie mehrere tage.
Ohne sich zu berühren.
Sie schmierten goldgelben Honig auf ihre lippen.
Um sie weich zu machen. – Um sie zart zu machen.
Sie hätten gerne den Mund des anderen berührt , mit der Zunge vorsichtig den Honig entfernt , doch sie wagten es nicht.
Trotzdem war ihnen leicht zumute. – Unerträglich leicht.
Sie spürten die Liebe beim anderen , aber bezogen sich nicht auf sich.
Sie sahen verträumt in die Nacht , während sie nebeneinander saßen und fragten sich , an wen der andere wohl dächte.
Und berührten sich nicht.

Einmal gingen sie zusammen aus. In eine bar. Und tranken zu viel.
Da berührten sie sich. Ihre Hände berührten sich , hielten sich einen Moment sehr fest und zogen sich dann wieder zurück.
In dieser Nacht wurde die Sehnsucht größer und weiter und rütelte an ihrem schlaf.
Wie sie sich nacheinander sehnten!

Er brachte sie nach Hause berausch vom Alkohol und seinem verlangen und flüchtete sofort zu Freunden.
Um es zu vergessen.
Schließlich sollte er wie ein Bruder sein.
Und sie war jung. Und doch so klar in ihrem Gefühl. Ganz rein,
Aber ganz klar.

Am nächsten tag fuhren sie mit den Rädern lange durch Olivenhaine . Auch Mandelbäume streiften sie. Sie blühten.
Es war heiß und die Landschaft wild und schön. – Einsam auch.
Sie fuhren zu einem Fluss und legten sich auf einen grauen fels.
Der wurde vom Wasser gestreichelt.
Und war warm von der Sonne.
Sie ließen sich in das Wasser fallen und lachten , denn es war kalt.
Und sie froh und aufgeregt.
Sie lehrte ihm Tango im Fluss.
Da tanzten sie dann und mehr war nicht.

Abends tanzte sie vor der Tür im regen. Dann lief sie auf den Hausberg des Dorfes und sah lange in den Himmel , bis sie die Dunkelheit einhüllte.

Am Morgen nahmen sie den Bus und fuhren zurück in die große Stadt , die am Meer liegt.
Er legte seinen Kopf in ihren Schoß und brachte ihr Verben bei.
Verben in der fremden Sprache mit einem weichen Klang und harter Bedeutung.

Als sie weiterfuhren , las er Zeitung und sie aus dem Fenster.
Aber ihre Hände berührten sich.
Dieses mal sacht. – Sehr leise.
An der Grenze nahmen sie den Nachtzug . Sie hatten ein Abteil für sich.
Sie nahm ihn mit auf ihre Liege.
Dort hörte er auf wie ein Bruder zu sein.

Ein paar Tage noch blieb sie bei ihm.
Sie liebten sich voll Ruhe. – Verträumt und entspannt.
Und warne sich alles ohne einander wirklich zu kennen.
Doch dann verließ sie ihn.
Obwohl sie sich liebten.

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